Hälfte der Antibiotika wird falsch eingesetzt

Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) alarmierende Ausmaße an. „Die Antibiotikaresistenz droht hundert Jahre medizinischen Fortschritts zunichtezumachen“, warnte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf. Eine Lösung dafür zu finden, sei eine der dringendsten Herausforderungen im Gesundheitsbereich.

Die WHO hat deshalb die vorhandenen Antibiotika in drei neue Kategorien eingeteilt. In der ersten Kategorie benennt sie Mittel, die bei ernsthaften Infektionen gezielt eingesetzt werden sollen. In der zweiten solche, die jedes Gesundheitssystem zwar vorhalten, aber nur in Ausnahmefällen bei bestimmten Infektionen verabreichen sollte. In der dritten Kategorie führt sie die Mittel auf, die nur als letzter Ausweg bei lebensbedrohlichen Erkrankungen genutzt werden sollen.

Antibiotika wirkungslos gegen Viren

In der ersten Kategorie sind Medikamente aufgeführt, die gegen spezifische Mikroorganismen wirken, also keine Breitbandantibiotika. Diese finden sich vor allem in der zweiten und dritten Kategorie. Ärzte müssten laut WHO sparsamer mit ihnen umgehen. So könne das Risiko der Entwicklung von Resistenzen verringert werden.

Von Antibiotikaresistenz sprechen Ärzte, wenn Patienten auf ein Antibiotikum nicht reagieren, das heißt, wenn die krank machenden Bakterien Wege gefunden haben, dem Antibiotikum zu entgehen. Dass Bakterien Resistenzen entwickeln, ist ein natürlicher Prozess und Teil der Evolution: Treffen die Erreger auf Antibiotika, sollten eigentlich alle absterben. Durch zufällige Mutationen im Erbgut kann es jedoch sein, dass ein paar wenige Schutzmechanismen gegen die Antibiotika aufgebaut haben und überleben. Der viel zu hohe Gebrauch der Medikamente bei Patienten und in der Tiermast beschleunigt diesen Prozess.

Einige Bakterien widerstehen allen Antibiotika, die einstmals gegen sie wirkten. Für Patienten, die sich mit solchen Bakterien infizieren, gibt es dann kaum Heilungschancen.

In vielen Ländern werden nach WHO-Angaben mehr als die Hälfte der Antibiotika falsch eingesetzt. Demnach erhalten Patienten Antibiotika bei Virusinfektionen wie grippalen Infekten, obwohl die Mittel nur bakterielle Infektionen bekämpfen. Außerdem bekommen sie Breitbandantibiotika, wenn ein zielgerichteteres Medikament besser wäre.

Besonders besorgniserregend sei die Ausbreitung von Resistenzen bei Keimen wie Acinetobacter, Escherichia Coli und Klebsiella pneumoniae, die oft in Krankenhäusern zirkulierten. Sie könnten Lungenentzündung, Blutvergiftung und Wundinfektionen verursachen.

Die WHO nennt das neue Klassifizierungssystem AWaRe – das Acronym bildet das englische Verb für „sich bewusst machen“ oder „aufpassen“ nach. Das A steht für Access oder Zugang und steht für die erste Kategorie. Wa steht für Watch oder „beobachten“ und beschreibt die zweite Kategorie. Re steht für Reserve und bedeutet „zurückhalten“, die dritte Kategorie.

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