Was eine HIV-Infektion heute bedeutet

Conchita Wurst ist seit vielen Jahren HIV-positiv, das hat der Travestiekünstler bei Instagram bekannt gegeben. Der Schritt an die Öffentlichkeit war erzwungen, ein Ex-Freund hatte ihm damit gedroht, die private Information publik zu machen.

Der HIV-Status mag für seine Fans neu sein, schreibt Wurst in einem Post auf Instagram. Für ihn sei er das nicht. „Es geht mir gesundheitlich gut, und ich bin stärker, motivierter und befreiter denn je.“ Der Fall zeigt, dass sich HIV längst von einem Todesurteil zu einer chronischen Krankheit gewandelt hat.

Was bedeutet es für Betroffene heute, in einem Land wie Österreich oder Deutschland an HIV zu erkranken? Wie sehr schränkt die Infektion noch ein? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie viele Menschen infizieren sich noch mit HIV?

2016 haben sich laut Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) etwa 3100 Menschen in Deutschland mit dem Virus infiziert – ähnlich viele wie im Vorjahr. Die meisten Betroffenen (rund 2100 der 3100) sind Männer, die Sex mit Männern haben. Rund 750 Infektionen gingen auf heterosexuelle Kontakte zurück, nur 240 auf Drogengebrauch.

Laut RKI lebten 2016 in Deutschland mittlerweile etwa 88.400 Menschen mit einer HIV-Infektion. Allerdings wissen rund 12.700 von ihnen nichts von der Krankheit.

In Österreich, wo Wurst lebt, gab es laut Österreichischer Aids-Hilfe 2016 rund 450 neue Diagnosen – die meisten Betroffenen waren ebenfalls Männer. Rund 8000 bis 9000 Menschen tragen dort das Virus in sich.

Was passiert nach einer HIV-Diagnose?

Damit sich die Erreger nicht vermehren, müssen Menschen nach einer HIV-Diagnose bis an ihr Lebensende regelmäßig Tabletten schlucken.

Eine frühe und strikte Behandlung kann die Zahl der Viren im Blut so weit absenken, dass die Erreger bei Tests nicht mehr nachweisbar sind. Auch Wurst schreibt in seinem Statement, dass er „seit vielen Jahren unterbrechungsfrei unter der Nachweisgrenze ist“. Geheilt werden können Betroffene trotzdem noch nicht: Setzen sie ihre Medikamente ab, können sich die einzelnen, verbliebenen Erreger in ihrem Körper innerhalb weniger Tage stark vermehren.

Eine konsequente Therapie vorausgesetzt, schränkt die Infektion die Erkrankten jedoch kaum noch ein. Nur in seltenen Fällen können die Medikamente schwere Nebenwirkungen haben. Von den Menschen, die an HIV erkrankt sind, gehen in Deutschland mindestens zwei Drittel arbeiten. Aus Angst vor Stigmatisierung halten die meisten ihre Infektion auf der Arbeit jedoch geheim – so wie Wurst in den vergangenen Jahren.

Wie ist die Lebenserwartung mit HIV?

Pro Jahr sterben in Deutschland rund 500 Menschen, die mit HIV infiziert sind. Oft wurde die Krankheit bei ihnen erst spät entdeckt, sodass der Körper schon Schaden genommen hat. Wird die Infektion nicht behandelt, schwächt sie das Immunsystem, lebensgefährliche Krankheiten wie eine Lungenentzündung drohen. Erst dann spricht man von Aids.

Bei einer frühen Diagnose und einer konsequenten Therapie hingegen schadet das Virus dem Körper kaum – ein Ausbruch von Aids kann verhindert werden. „Menschen mit HIV können heute dank der Behandlung mit HIV-Medikamenten sehr lange mit dem Virus leben“, schreibt etwa die Deutsche Aids-Hilfe. „Man geht von einer fast normalen Lebenserwartung aus.“

Wie groß ist die Gefahr, dass Betroffene das Virus weitergeben?

Bleibt die Virusmenge im Körper dauerhaft unter der Nachweisgrenze, sind HIV-Positive quasi nicht mehr ansteckend. Bei Studien mit hetero- und homosexuellen Partnerschaften wurde keine Übertragung mehr beobachtet, sobald eine stabile Absenkung der Viruslast erfolgt war, schreibt etwa das RKI.

Forscher sind sich mittlerweile einig, dass die Tabletten bei richtiger Einnahme Sexualpartner sogar besser schützen können als Kondome. Dies ist vor allem bei einem Kinderwunsch wichtig. Viele HIV-Positive könnten heute auf natürlichem Weg ein Kind zeugen, schreibt die Deutsche Aids-Hilfe. „Ein Infektionsrisiko für die Kinder lässt sich dabei nahezu ausschließen.“

Auch Conchita Wurst schreibt in seinem Statement, dass er aktuell nicht ansteckend ist – und verbindet seine Mitteilung mit einem Wunsch: „Ich hoffe, Mut zu machen und einen weiteren Schritt zu setzen gegen die Stigmatisierung von Menschen, die sich durch ihr eigenes Verhalten oder aber unverschuldet mit HIV infiziert haben.“

Video: HIV positiv – Mein Leben mit dem Virus


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