Spahns Pläne für die Apotheker



Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nicht verbieten. Um die Apotheken vor Ort zu stärken, hat er ein millionenschweres Maßnahmenpaket geschnürt

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, li.) und ABDA-Präsident Friedemann Schmidt

Wenn die Apotheker einen Weihnachtswunsch frei gehabt hätten, dann wäre das wohl ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten gewesen. Diesen Wunsch erfüllt ihnen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aber nicht. Am Rande der Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) hat Jens Spahn gestern in Berlin seine Pläne für die Apotheken bekannt gegeben. Den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten will Spahn auf fünf Prozent Marktanteil begrenzen, aber nicht – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – verbieten. Ein Verbot sei "europarechtlich, aber auch politisch unwägbar", sagte der Minister.

Apothekerverbände hatten sich in den vergangenen Monaten stark für ein Versandhandelsverbot eingesetzt. Denn seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vor zwei Jahren sind ausländische Versandhändler gegenüber deutschen Apotheken im Vorteil: Sie können ihren Kunden Rabatte anbieten, während Apotheken hierzulande an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung gebunden sind und keine Rabatte gewähren dürfen.

Begrenzung für Versandhandel aus dem Ausland

Mit einer neuen Regelung will Jens Spahn die Apotheken vor Ort und die ausländischen Versandhändler nun "in Relation" setzen: Er plant die Rabatte, die die ausländischen Versandapotheken ihren Kunden geben können, auf 2,50 Euro je Packung zu begrenzen. Sobald der ausländische Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent erreiche, solle erneut überprüft werden, ob sich Rabatte beschränken lassen.

Zum Ausgleich hat Spahn ein millionenschweres Maßnahmenpaket für die Apotheker geschnürt. Er fühle sich "ausdrücklich" dem Ziel verpflichtet, über die Apotheken vor Ort die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen und auszubauen. So sollen sie über eine Verdoppelung der Nacht- und Notdienstpauschale mehr Geld bekommen. Je geleistetem Notdienst werde eine Apotheke dann circa 550 Euro erhalten. So fließen 120 Millionen Euro mehr für Nacht- und Notdienste an die Apotheken.

Zusatzhonorare für Dienstleistungen

Außerdem sollen Dienstleistungen honoriert werden, die Apotheken zum Teil bereits jetzt unentgeltlich anbieten, etwa Präventionsangebote, Medikationsanalysen oder Impfberatungen. Dafür plant Jens Spahn 240 Millionen Euro ein. Für das aufwändige Vorhalten und Abgeben von Betäubungsmitteln sollen sie zusätzlich nochmal 15 Millionen Euro obendrauf erhalten.

Insgesamt will der Minister somit 375 Millionen Euro mehr für die Apotheken ausgeben.

Bereits Ende Januar plant Jens Spahn "gesetzgeberisch aktiv" zu werden. Er deutete an, dass er seine Pläne an ein schon laufendes Gesetzgebungsverfahren anhängen könnte.

Apotheker reagieren skeptisch

Offen ist noch, ob der Bundesgesundheitsminister die Unterstützung der deutschen Apotheker bekommt. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände will die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministeriums in den kommenden Wochen genau prüfen. Allerdings sind viele Apotheker noch nicht von Jens Spahns Plänen überzeugt. Laut ABDA-Präsident Friedemann Schmidt wurden erhebliche Zweifel an der rechtssicheren gesetzlichen Umsetzung der Vorschläge geäußert – insbesondere was die Rabatt-Regelung und die Begrenzung des Versandhandels angeht.

Auch Friedemann Schmidt selbst sieht noch "Knackpunkte". Mit Blick auf die geplanten Honorar-Erhöhungen für Apotheker sprach er im Anschluss an die Mitgliederversammlung gestern Abend dennoch auch von "großen Chancen". Er werde mit dem Gesundheitsministerium im Gespräch bleiben. Ob Spahns Maßnahmenpaket am 17. Januar 2019 in der nächsten ABDA-Mitgliederversammlung eine Mehrheit findet, ist offen.

Gesundheitspolitiker sind gespalten

Der Koalitionspartner zeigte sich mit Spahns Plänen zufrieden. "Die Vorschläge, die Gesundheitsminister Spahn jetzt vorgelegt hat, sind uns teilweise gut bekannt. Wir selbst haben sie in ähnlicher Form schon vor Monaten in die Diskussion eingebracht", sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagfraktion Sabine Dittmar. Zustimmung zu Spahns Entscheidung, den Apotheken-Versandhandel von rezeptpflichtigen Medikamenten nicht zu verbieten, kam auch von den Grünen, von der FDP und vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Ausgerechnet aus Spahns eigener Partei kommt allerdings Widerstand. Mehrere Gesundheitspolitiker äußerten sich gestern kritisch. Der Arzneimittelexperte Michael Hennrich (CDU) erklärte, er sehe insbesondere bei der Bonus-Regelung "erheblichen Klärungsbedarf". Es sei problematisch, dass weiterhin nur ausländische Anbieter Rabatte geben dürften.

Jens Spahn muss wohl nun nicht nur bei den Apothekern, sondern auch in den eigenen Reihen Überzeugungsarbeit leisten.

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