Natriumüberschuss (Hypernatriämie) – Ursachen, Symptome und Therapie

Hypernatriämie- Ursachen und Anzeichen

Natrium ist das am häufigsten vorkommende Elektrolyt im menschlichen Körper. Es ist vor allem im Blut und in der Extrazellularflüssigkeit zu finden. Zusammen mit Kalium ist Natrium das wichtigste Element für die Regulierung des Flüssigkeitshaushaltes. Außerdem ist es relevant für den Herzrhythmus und die Funktionalität von Nerven und Muskeln und hat Einfluss auf den Blutdruck.

Inhaltsverzeichnis

Für die Regulation des Flüssigkeitshaushaltes und die anderen Funktionen ist ein ausgewogenes Mischungsverhältnis zwischen Natrium und Flüssigkeit notwendig. Bestimmte Mechanismen können diese Relation verändern und dazu führen, dass die Konzentration von Natrium im Blut ansteigt. Dieser Zustand wird als Hypernatriämie bezeichnet, wenn der Natriumspiegel im Blutserum einen Wert von 145 mmol/L übersteigt. Üblicherweise liegt er zwischen 135 und 145 mmol/L.

Eine überhöhte Konzentration kann auf zwei Wegen entstehen. Entweder wird dem Körper zu viel Natrium beziehungsweise zu wenig Wasser zugeführt oder er verliert zu viel Flüssigkeit. Die höhere Natriumkonzentration im Extrazellularraum sorgt dafür, dass den Zellen, dem osmotischen Druckgefälle folgend, Wasser entzogen wird. Sie schrumpfen und verlieren an Funktion. Je nach Entstehungsmechanismus des Natriumüberschusses kann es zu verschiedenen Varianten der Blutzusammensetzung kommen.

Ein Flüssigkeitsmangel führt dazu, dass das Blutvolumen abnimmt und der Natriumgehalt relativ ansteigt. In dem Fall spricht man von einer Hypernatriämie mit Hypovolämie. Bei einer vermehrten Natriumzufuhr steigt das Blutvolumen dagegen an (Hypervolämie), weil das überschüssige Natrium viel Wasser bindet.

Ursachen einer Hypernatriämie

Die häufigste Ursache für eine Hypernatriämie ist ein Flüssigkeitsmangel im Blut, der grundsätzlich auf zwei Wegen entstehen kann. Entweder wird zu wenig Flüssigkeit aufgenommen oder zu viel ausgeschieden. Ältere Menschen, Kinder und intubierte Patienten gehören zu der Risikogruppe der Personen, die zu wenig Flüssigkeit aufnehmen und dehydrieren können. Dabei entsteht eine Diskrepanz zwischen Flüssigkeitsbedarf und -aufnahme. Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein.

Natrium (oder auch Sodium) ist das wichtigste Elektrolyt im menschlichen Körper und maßgeblich für den Flüssigkeitshaushalt der Zellen verantwortlich. (Bild: Sashkin/fotolia.com)

Kinder vergessen oft zu trinken und ignorieren ihr Durstgefühl. Das gilt auch für ältere Menschen. Bei ihnen können zusätzlich ein gestörtes Durstempfinden hinzukommen und der Umstand, dass sie nicht selbstständig in der Lage sind, für eine ausreichende Wasserzufuhr zu sorgen. Letzteres gilt häufig auch für intubierte und schwer erkrankte Patienten. Die Folge ist in allen Fällen eine zu geringe Aufnahme von Flüssigkeit. Im Blut entsteht ein Flüssigkeitsmangel, der zu einer relativen Erhöhung des Natriumspiegels führt, obwohl die absolute Natriummenge nicht angestiegen ist.

Der zweite Mechanismus, der zu einer Hypernatriämie führen kann, ist ein massiver Flüssigkeitsverlust. Dieser kann bei Durchfall infolge einer Infektion, durch starke Brechanfälle, übermäßiges Schwitzen, als Folge von Verbrennungen oder durch die Einnahme von wasserabführenden Medikamenten (Diuretika) entstehen.

Auch Patienten, die unter Diabetes insipidus leiden, sind davon betroffen. Bei dieser Erkrankung, die auch Wasserharnruhr genannt wird, ist ein Mangel des antidiuretischen Hormons Aldosteron oder eine Funktionsstörung der Niere für die vermehrte Flüssigkeitsausscheidung verantwortlich. Das führt dazu, dass das Organ nicht mehr in der Lage ist, den Harn zu konzentrieren. Der dünnflüssige Urin wird schnell und in großer Menge ausgeschieden. Auch bei diesen Prozessen, die mit vermehrtem Flüssigkeitsverlust einhergehen, verändert sich die absolute Menge an Natrium im Blut nicht, sondern nur seine Konzentration. Alle bisher beschriebenen Formen der Hypernatriämie gehen mit einer Hypovolämie einher.

In seltenen Fällen kann ein Natriumüberschuss im Blut auch durch eine vermehrte Aufnahme von Natrium hervorgerufen werden. Das kann zum einen die Folge einer kochsalzreichen Ernährung in Verbindung mit dem Trinken von Flüssigkeiten sein, die viel Natrium enthalten. Die zweite Möglichkeit, zu viel Natrium aufzunehmen, ist die erhöhte Zufuhr des Elektrolyts durch natriumreiche Infusionen. Diese Art der Hypernatriämie, bei der vermehrt Natrium aufgenommen wird, ist aufgrund der hohen Bindefähigkeit des Natriums für Wasser immer mit einer Hypervolämie verbunden. Bei milden Verlaufsformen kann das Blutvolumen annähernd gleich bleiben (Normovolämie).

Ein Überschuss an Natrium kann in selteneren Fällen auch durch eine erhöhte Zufuhr entstehen, etwa beim Kochen mit viel Salz. (Bild: angelus_liam/fotolia.com)

Symptome bei einem Natriumüberschuss im Blut

Die Symptome, die bei einer Hypernatriämie auftreten, entstehen durch die Veränderung des Konzentrationsgefälles zwischen Extra- und Intrazellulärraum. Außerhalb der Zelle steigt der Natriumgehalt an, während er in der Zelle zunächst gleich bleibt. Dadurch wird der Zelle Flüssigkeit entzogen. Sie dehydriert, schrumpft und verliert an Funktion. Auf diese Weise entstehen Symptome, die zunächst sehr allgemein und unspezifisch ausfallen. Sie können auch mit anderen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Deshalb ist eine Hypernatriämie anfangs oft nur schwer zu diagnostizieren.

Typische Anzeichen können starker Durst, Müdigkeit, Schwächegefühl, Ruhelosigkeit und Konzentrationsschwäche sein. Auch Ödeme, meistens in den Beinen, können auftreten. Ein weiteres Merkmal bei länger andauerndem Natriumüberschuss können Exsikkosezeichen wie stehende Hautfalten und tief liegende Augen sein. Die Symptomatik wird bei ihnen meist zufällig im Rahmen einer routinemäßigen Labordiagnostik entdeckt. Bei länger andauerndem Natriumüberschuss und schwerem Verlauf hat die Dehydrierung der Zellen besonders im Gehirn und am Herzen schwerwiegende Folgen. Ein Anstieg der Natriumkonzentration über 180 mmol/L bedeutet Lebensgefahr. In der folgenden Auflistung sind neurologische und andere Symptome aufgeführt, die bei einer Hypernatriämie auftreten können:

  • Steigerung der Muskeleigenreflexe,
  • muskuläre Faszikulationen,
  • Krämpfe,
  • Krampfanfälle,
  • Kopfschmerzen (Cephalgie),
  • Apathie,
  • Übererregbarkeit des Nervensystems (Hyperexzitabilität),
  • Tremor,
  • Verwirrtheit,
  • Koma,
  • Respiratorische Insuffizienz,
  • Bluthochdruck
  • und Herzrhythmusstörungen

Diagnostik

Zur Diagnostik einer Hypernatriämie gehört in erster Linie eine gründliche Anamnese. Darin können Fragen nach dem Trinkverhalten, den Essensgewohnheiten und möglichen Vorerkrankungen geklärt werden. Auch mögliche Ursachen eines Flüssigkeitsverlustes wie Durchfall und Erbrechen können erfragt werden. Der Arzt kann in diesem Gespräch schon wichtige Hinweise bekommen, die einen Verdacht auf Natriumüberschuss begründen.

In einer nachfolgenden Untersuchung testet der Arzt den Blutdruck, die Vigilanz und ob Anzeichen für eine Dehydrierung oder neurologische Veränderungen vorliegen. Er begutachtet den Hautturgor und die Exsikkosezeichen, indem er sich die Zungenfeuchte, die Beschaffenheit der Schleimhäute und das Verhalten der Hautfalten anschaut. Im neurologischen Bereich gehören Tests der Muskeleigenreflexe und die Überprüfung der Wachheit und der geistigen Funktionen zum Untersuchungsspektrum. Die primäre Diagnosestellung erfolgt schließlich im Labor über die Bestimmung des Serumnatriumwertes.

Im Verlauf einer Behandlung zum Ausgleich eines Flüssigkeitsmangels per Infusion wird diese Untersuchung wiederholt, um den Erfolg der Substitution zu verifizieren. Führt der Ausgleich zu keinem befriedigenden Ergebnis der Laborwerte, deutet das daraufhin, dass die Ursache für das Flüssigkeitsdefizit noch nicht entdeckt und behoben wurde. In dem Fall müssen weitere differenzialdiagnostische Untersuchungen folgen, um die Grunderkrankung herauszufinden.

Weitere Diagnoseverfahren, die bei Diabetes insipidus oder nicht erfolgreichem Flüssigkeitsausgleich angewendet werden, sind die Bestimmung des Urinvolumens und der Konzentration gelöster Teilchen in Blut und Urin (Osmolalität).

Im Rahmen der Diagnosestellung werden unter anderem die Schleimhäute und die Zungenfeuchte untersucht, um eventuelle Anzeichen einer Dehydrierung festzustellen. (Bild: Dan Race/fotolia.com)

Therapie

In vielen Fällen kann eine Hypernatriämie durch die Substitution des Flüssigkeitsmangels behoben werden. Dies kann oral oder intravenös geschehen. Erfolgt der Ausgleich per Infusion, wird eine natriumfreie Glucoselösung gegeben, die zusätzlich Mineralstoffe enthält, um den Elektrolythaushalt zu normalisieren.

Die Glucose bindet Natriumionen im Blut und schleust sie aus dem Körper aus, sodass sie über den Urin ausgeschieden werden. Der Ausgleich sollte allerdings langsam erfolgen, damit die Anpassungsvorgänge des Organismus zeitgerecht und risikolos ablaufen können. Der andauernde Natriumüberschuss hat sich in den Zellen als Flüssigkeitsmangel manifestiert. Wird der Natriumspiegel nun durch die Flüssigkeitszufuhr zu schnell gesenkt, verändern sich die osmotischen Verhältnisse, sodass es zu einem schnellen Wassereinstrom in die Zellen kommt. Sie schwellen an und können Druck auf das umliegende Gewebe ausüben. Besonders gefährlich kann das im Gehirn sein. Durch die Schwellung der Zellen bildet sich ein Hirnödem, das die Hirnmasse aufgrund der eingeschränkten Ausdehnungsfähigkeit des Schädels komprimieren kann. Je nach Lokalisation können dadurch die oben beschriebenen neurologischen Symptome ausgelöst werden.

Bei einem Hirnödem wird auf jeden Fall die Begleitung der Therapie durch einen Arzt dringend empfohlen. In vielen Fällen besteht die Therapie einer Hypernatriämie neben der Flüssigkeitssubstitution in der Behandlung der verursachenden Erkrankung. Infektionen, die der Grund für Durchfall oder Erbrechen sind, können in der Regel medikamentös behandelt werden. Bei einem Natriumüberschuss kann zusätzlich die Gabe eines Diuretikums sinnvoll sein, um den Flüssigkeitshaushalt zu regulieren und Ödeme zu vermeiden.

Umgekehrt verhält es sich bei Diabetes insipidus. Bei dieser Erkrankung können antidiuretische Medikamente (Desmopressin) verabreicht werden, um die vermehrte Wasserausscheidung zu reduzieren und im Idealfall zu normalisieren. Häufig gibt es Schwierigkeiten bei der renalen Form der Krankheit, weil die Nieren nicht auf die Wirkstoffe ansprechen. Patienten, die unter Diabetes insipidus leiden, wird auf jeden Fall empfohlen, ihre Kost umzustellen. Sie sollten sich kochsalzarm und proteinreduziert ernähren.

Die Bedeutung der Umstellung von Ernährung und Lebensumständen

Bei manchen Menschen besteht die Gefahr, dass eine Hypernatriämie immer wieder auftreten kann. Das betrifft Personen, die aufgrund ihres Alters oder wegen einer Erkrankung nicht in der Lage sind, für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu sorgen. Bei älteren Menschen hat das nicht nur etwas mit dem mangelnden körperlichen Vermögen zu tun, sondern auch mit einem verringerten Durstempfinden. In solchen Fällen ist es wichtig, dass zusammen mit dem Arzt Strategien entwickelt werden, wie die ausreichende Aufnahme von Wasser geregelt werden kann. Dabei sollten auch Partner, Angehörige und Pflegende in das Konzept miteinbezogen werden.

Flüssigkeitsmangel ist ein wesentlicher Grund für einen Natriumüberschuss. Gerade ältere Personen empfinden weniger Durstgefühl und sollten daher besonders auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten. (Bild: fizkes/fotolia.com)

Wie viel Natrium der menschliche Körper tatsächlich benötigt, ist nicht genau festgelegt. Es gibt aber eine Obergrenze, die für die tägliche Aufnahme von Kochsalz empfohlen wird. Sie liegt bei sechs Gramm pro Tag bei Jugendlichen und Erwachsenen. Mediziner raten wegen des engen Zusammenhangs eines hohen Natriumspiegels mit Bluthochdruck dazu, nicht mehr als drei bis vier Gramm pro Tag zu konsumieren. Viele Menschen in Deutschland nehmen eine deutlich höhere Dosis mit der Nahrung zu sich. Im Durchschnitt liegt die Aufnahme bei neun Gramm pro Tag. Das hat einerseits damit zu tun, dass die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten sich geändert haben.

Der Mehreinnahme von Kochsalz steht auf der anderen Seite ein Mangel an Bewegung gegenüber. Die Ausscheidung von Natrium durch Schwitzen fällt weg. Andererseits haben sich Ernährungsbewusstsein und -zusammensetzung gewandelt. Viele Menschen wissen in Zeiten von Fast Food und Fertigprodukten nicht mehr, in welchen Lebensmitteln wie viel Salz versteckt ist. Sie haben keinen Überblick und keine Kontrolle über die Kochsalzmenge, die sie täglich zu sich nehmen. Viele sind sich auch nicht der Gefahren dieser Ernährungsweise bewusst, weil die Auswirkungen nicht unmittelbar zu spüren sind. Aufklärungsarbeit in diesem Bereich ist deshalb wichtig.

Es ist bekannt, dass solche Trink- und Essgewohnheiten negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben und im Extremfall zum Entstehen einer Hypernatriämie beitragen können. Sind natriumhaltige Getränke und kochsalzreiche Ernährung die Ursache für einen erhöhten Natriumgehalt im Blut, ist die Umstellung der Ernährungs- und Trinkgewohnheiten wichtig. Ernährungsberater können in dem Fall in das Behandlungskonzept miteinbezogen werden. Sie verdeutlichen den Betroffenen, worauf sie bei der Zubereitung der Speisen achten sollten und welche Getränke und Lebensmittel für natriumarme Ernährung geeignet sind. Zu den kochsalzreichen Lebensmitteln gehören zum Beispiel Wurst, Chips, Gemüsesäfte, Käse, Fertigsuppen und natriumreiches Mineralwasser. Wenig Kochsalz enthalten hingegen Tees, Milch, Süßwaren, Eier und natriumarmes Mineralwasser.

Auch bei der Umstellung der Ernährungs- und Trinkgewohnheiten gilt, dass hilfsbedürftige Menschen Unterstützung brauchen. Ältere, Kleinkinder und Schwerkranke sind nicht in der Lage, eine adäquate Nahrungszusammenstellung zu gewährleisten. Deshalb ist die Einbeziehung der umgebenden Menschen in das Ernährungskonzept wichtig. (fp)

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