Küssen, Kälte und Knoblauch: Mythen zum Thema Erkältung im Faktencheck

Sind Warmduscher öfter erkältet und schützen Knoblauch und Grog wirklich vor Infekten? Gerade zum Thema Erkältung kursieren eine Menge hartnäckiger Halbweisheiten. Welche Sie ernst nehmen sollten und welche unnötig verunsichern.

Wenn rundherum Kollegen, aber auch zuhause die Familie, bereits angeschlagen sind, husten und niesen, verlassen sich viele gerne auf gute Ratschläge, um sich nicht anzustecken. Zwar sind die Tipps meist alle besser als die Maßnahmen, die früher noch als sicher zur Infektabwehr galten – etwa Schnupftabak benutzen und ein Pulver aus zerstoßenen Walfischzähnen einnehmen. Das galt noch zwei Generationen vor uns als probates Mittel, hat aber nicht mehr als Placebo-Effekt. Doch auch bei den heute geläufigen Tipps gegen Erkältung sind einige nur Mythos, andere jedoch Fakt. Was stimmt wirklich?

Mythos 1: Am höchsten ist die Ansteckungsgefahr bei Küssen und Sex

Stimmt nur teilweise. Zwar handelt es sich bei Erkältungen um eine Tröpfcheninfektion, ausgelöst durch Erkältungsviren. Beim Küssen werden also mit dem Speichel auch Viren ausgetauscht. Allerdings gelangt der Großteil von ihnen mit dem Speichel in den Magen und wird dort von der Magensäure zersetzt. Ist das Immunsystem gut aufgestellt, wird es mit den restlichen Viren auf Lippen und im Mund problemlos fertig. Wer sicher gehen möchte, sollte jedoch mit einem Erkälteten eher kuscheln als küssen.

Auch Sex spielt für die Ansteckung bei Erkältungen eine wesentlich geringere Rolle, als gedacht. Im Gegenteil: Schmusen und Orgasmus beeinflussen das Immunsystem positiv. Viele Studien zeigen, dass dabei die Abwehrzellen im Blut sogar deutlich zunehmen. Sex kann also eine besonders angenehme Methode sein, das Immunsystem zu stärken.

Mythos 2: Erkältung kommt von zu viel Kälte

Stimmt nicht. Kälte allein macht nicht krank, wenn Sie entsprechend gekleidet sind und nicht frieren. Erst, wenn bei Kälte und zu dünner Kleidung sowie Schuhe, die Füße, Hände und Nase auskühlen, kann das eine Minderdurchblutung der Schleimhäute nach sich ziehen. Dann haben Erkältungsviren, die aus der Luft eingeatmet wurden, eine große Chance. Sie überwinden die Barriere des lokalen Immunsystems und es kommt zu Schnupfen, Halsweh, Husten und manchmal auch Blasenentzündung.

Warum Erkältungen vor allem im Herbst und Winter auftreten, hat also nur indirekt etwas mit Kälte zu tun. Weitere Faktoren für die saisonale Häufung in der kalten Jahreszeit, die das Immunsystem zusätzlich schwächen: Aufenthalt in schlecht gelüfteten Räumen mit verbrauchter Luft und Vitamin-D-Mangel durch fehlendes Sonnenlicht.

Mythos 3: Viel Schlafen schützt vor Erkältung

Stimmt. Vor allem Menschen, die regelmäßig weniger als sechs Stunden schlafen, haben ein viermal höheres Risiko, sich eine Erkältung einzufangen, wie Untersuchungen beweisen. Schlafmangel setzt den Körper unter Stress, die Regenerationsphase für Körper und Psyche fehlen, Krankheiten haben dann insgesamt ein leichtes Spiel.

Bekanntlich ist die richtige Schlafmenge bei jedem Menschen etwas unterschiedlich. Sie können das für Sie richtige Maß ganz einfach im Urlaub erkennen, wenn Sie also nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt aufstehen müssen: Achten Sie nach ein paar Tagen Erholung darauf, wie viel Sie schlafen. Wenn Sie regelmäßig etwa nach achteinhalb oder sieben Stunden munter und ausgeruht sind, ist das Ihr persönlicher Schlafbedarf. Der gilt dann für Sie auch im restlichen Jahr. Und vor allem während der Erkältungszeit sollten Sie darauf achten, diesen Schlaf auch zu bekommen.

Mythos 4: Wer täglich Knoblauch isst, bekommt keine Infekte

Stimmt teilweise. Knoblauch soll fast in jeder Form die Immunabwehr stärken, manche schwören sogar darauf, bei einer aufziehenden Erkältung eine geschälte Knoblauchzehe ins Ohr zu stecken. Das ist allerdings Humbug. Nachweislich wirksam ist Knoblauch zur Infektabwehr jedoch, wenn täglich zwei Knoblauchzehen verzehrt werden, das zeigt die Analyse mehrerer Studien zu diesem Thema.

Die Wirkung entfaltet sich vor allem durch rohen, zerdrückten oder gehackten Knoblauch. Erst Zerkleinern setzt das Enzym Alliinase frei, das wiederum die Bildung von Allicin anstößt, der Stoff, der die Immunabwehr auf Trab bringt. Tipp: Wer rohen Knoblauch zu scharf findet, kann ihn beispielsweise mit Honig zu sich nehmen.

Mythos 5: Erkältungen kann man in der Sauna ausschwitzen

Stimmt teilweise. Fakt ist, dass man mit den ersten Anzeichen einer Erkältung nicht in die Sauna gehen sollte. Das starke Schwitzen – bis zu einem Liter Schweiß pro Saunagang – belastet den vom Infekt bereits gestressten Körper zusätzlich. Besser: Regelmäßig in die Sauna gehen und dadurch erst gar nicht krank werden. Wer beispielsweise zweimal pro Woche sauniert, senkt sein Erkältungsrisiko nachweislich um ein Drittel, wie verschiedene Tests ergeben.

Der Gesundheitseffekt der Sauna, übrigens auch in Hinblick auf Herz- Kreislauferkrankungen, nimmt zu, je öfter in die Sauna gegangen wird, nach finnischem Vorbild mindestens jeden zweiten Tag.

Mythos 6: Kaltes Duschen härtet ab und macht immun gegen Erkältungen

Stimmt nicht. Warmduscher sind genauso oft oder wenig erkältet wie Kaltduscher – auch wenn sich letztere fitter fühlen, wie eine Studie des Academic Medical Center in Amsterdam ergab. Wer nicht gerne kalt duscht, muss sich also nicht der Gesundheit zuliebe quälen.

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Mythos 7: Stress erhöht das Risiko für Erkältungen

Stimmt nur bei bestimmtem Stress. Anhaltender, chronischer Stress überflutet den Organismus ständig mit Stresshormonen. Dann lähmen sie das Immunsystem und machen es anfällig gegen Infekte, wie verschiedene Studien nachweisen konnten.

Demnach unterdrückt diese Form von Stress die Immunantwort der Abwehrzellen, der Körper kann sich also nicht vor den Erkältungsviren schützen. Kurzfristiger Stress, der nur Minuten bis Stunden anhält, wirkt gegenteilig, er aktiviert das Immunsystem.

Mythos 8: Alkohol desinfiziert – ein kräftiger Schluck vertreibt Erkältungsviren

Stimmt nicht. Heißer Grog gilt zwar als bewährtes Hausmittel, weil sein hoher Alkoholgehalt Bakterien und Viren abtöten soll. Doch das Gegenteil ist Tatsache: Alkohol führt dazu, dass die Immunzellen Krankheitserreger nicht mehr so deutlich identifizieren können. Zusätzlich bildet das Immunsystem spezielle Botenstoffe, die andere Abwehrzellen aktivieren sollen, nur noch stark reduziert, wie Studien zeigen. Alkohol bremst also die Immunabwehr.

Fazit: Viel schlafen, täglich Knoblauch essen, Alkoholverzicht und chronischen Stress abbauen, kann dabei helfen, die Erkältungszeit ohne Infekt zu überstehen. Achten Sie zusätzlich darauf, täglich frisches Obst und Gemüse zu essen sowie etwas frische Luft zu tanken.

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