Firma darf Embryonen nicht ohne Erlaubnis untersuchen

Labore dürfen menschliche Embryonen weiterhin nicht ohne vorherige Erlaubnis der zuständigen Ethikkommission untersuchen. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in Ansbach entschieden (Aktenzeichen 20 B 18.290). Das Münchner Labor Synlab wollte vor Gericht eine Erlaubnis erwirken, bestimmte Untersuchungen an Embryonen auch ohne eine vorherige Zustimmung der Ethiker durchführen zu können.

Konkret geht es um sogenannte Trophektodermbiopsien, bei denen nicht dem Embryo Zellen entnommen werden, sondern dem umgebenden Gewebe, aus dem nach einer Einnistung in die Gebärmutter der Mutterkuchen entsteht. Die Untersuchung fällt laut dem Labor deshalb nicht unter das Embryonenschutzgesetz.

Erblich belastete Zellen sollten nicht aussortiert werden, es werde lediglich untersucht, ob eine Zelle sich überhaupt einnisten kann und die Frau schwanger wird. Das sei vor allem für Frauen ab 35 wichtig. Denn die hätten ein dramatisch hohes Risiko, dass ihre Kinderwunschbehandlungen scheitern, argumentiert Laborleiterin Claudia Nevinny-Stickel-Hinzpeter.

Entscheidung ist noch nicht endgültig

Das Gericht folgte dieser Darstellung allerdings nicht. Auch wenn sich die untersuchten Zellen später zum Mutterkuchen entwickeln, gehören sie laut der gesetzlichen Definition zu „Zellen eines Embryos“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Entscheidung ist aber noch nicht endgültig. Die Richter haben eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls.

Untersuchungen an Embryonen unterliegen in Deutschland strengen gesetzlichen Regelungen. Warum das so ist, zeigen nicht zuletzt die jüngsten Entwicklungen in China. Dort behauptet der Forscher He Jiankui, die ersten genmanipulierten Menschen erschaffen zu haben, indem er Embryonen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib genetisch veränderte. Mehr dazu lesen Sie hier.

In diesen Fällen sind Gentest zulässig

Wer in Deutschland menschliche Keimzellen verändert, dem drohen laut Embryonenschutzgesetz bis zu fünf Jahren Gefängnis. Nur unter besonderen Umständen darf ein Embryo vor dem Einpflanzen überhaupt genetisch untersucht werden (Präimplantationsdiagnostik, kurz PID). Entweder muss das Risiko schwerer Erbkrankheiten bestehen – oder die hohe Wahrscheinlichkeit einer Tot- oder Fehlgeburt. PID-Ethikkommissionen entscheiden darüber, ob eine Untersuchung erlaubt ist.

Die Stadt München hatte dem Labor Synlab deshalb untersagt, Untersuchungen ohne Genehmigung der zuständigen Ethikkommission durchzuführen. Zu Recht, findet der Münchner Medizinethiker Georg Marckmann von der Ludwig-Maximilians-Universität. Das Labor versuche mit einem Trick, die gesetzlichen Regelungen zu umgehen.

Ziel des Embryonenschutzgesetzes sei es, den Embryo davor zu schützen, nicht eingepflanzt zu werden. Es sei völlig egal, ob die Entscheidung auf Analyse des umliegenden Gewebes beruht oder des Embryos selbst. „Was zählt, ist ja die Konsequenz“, sagt Marckmann, „die Nichteinpflanzung aufgrund einer genetischen Untersuchung.“

Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Claudia Wiesemann, spricht sich ebenfalls gegen eine Lockerung aus, fordert jedoch, die bürokratischen Hürden für einen Antrag abzubauen. In der Regel seien die Familien, die die Anträge stellen, durch ein schwer behindertes Kind oder mehrere Fehlgeburten schon belastet. „Diesen Paaren sollte man ihre Situation durch ein aufwendiges Verfahren und hohe finanzielle Gebühren nicht noch schwerer machen.“

Wie viele Anträge auf eine PID bei den fünf Ethikkommissionen in Deutschland gestellt werden, wird nicht zentral erfasst. Wiesemann geht jedoch von 300 bis 400 Fällen im Jahr aus.

Bayerische Kommission urteilt strenger

Ein Großteil davon kommt vor die bayerische Ethikkommission, weil dort besonders viele PID-Zentren ihren Sitz haben. Nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums hat diese im vergangenen Jahr über 155 Fälle entschieden und 12 Anträge abgelehnt. Die Bearbeitungsgebühr für jeden einzelnen Antrag beträgt zwischen 100 und 5000 Euro – je nach Arbeitsaufwand.

Zum Vergleich: Die PID-Kommission Nord für die Länder Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein listet für das vergangene Jahr 20 Anträge auf, von denen einer abgelehnt und einer zurückgezogen wurde. In Nordrhein-Westfalen wurden von 20 Anträgen alle bewilligt.

„Es kann zum Problem werden, dass die Kommissionen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich entscheiden und es keine übergeordnete Instanz – also auch keine Möglichkeit zur Berufung gibt“, sagt Wiesemann. In vergleichbaren Fällen habe die bayerische Kommission beispielsweise strenger geurteilt.

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