Sepsis: Jeder fünfte Todesfall weltweit geht auf das Konto des "unbekannten Killers"

Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs – die Leiden sind bekannt und zählen zu den häufigsten Todesursachen, Millionen Menschen sterben jährlich daran. Eine Krankheit, die ebenso gefährlich ist, die aber vergleichsweise nur wenige Menschen kennen, ist die Sepsis. Sie wird umgangssprachlich auch als Blutvergiftung bezeichnet und durch Bakterien oder Viren ausgelöst. Eine Studie im Fachblatt „The Lancet“ zeigt, wie unterschätzt der „unbekannte Killer“ tatsächlich ist: Demnach starben im Jahr 2017 schätzungsweise elf Millionen Menschen weltweit daran. Die Sepsis ist damit für jeden fünften Todesfall weltweit verantwortlich.

Gefahren der Sepsis

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„Die globale Belastung durch Sepsis ist größer als bislang angenommen“, schreibt das internationale Forscherteam um Kristina Rudd von der University of Pittsburgh. Frühere Forschungen waren zu dem Ergebnis gekommen, dass jährlich etwa 19 Millionen Menschen an einer Sepsis erkranken und fünf Millionen daran sterben. Diese Zahlen haben die Forscher jedoch revidiert – und deutlich nach oben korrigiert. Ihren Schätzungen zufolge erkranken jährlich 48 Millionen Menschen, elf Millionen sterben. Wie ist dieser Sprung in den Zahlen zu erklären?

Ein Problem früherer Untersuchungen war, dass sie vor allem Daten aus westlichen Ländern mit einer guten Gesundheitsversorgung berücksichtigten. Die aktuelle Studie beinhaltet dagegen auch Daten aus Ländern mit schwachem Einkommen und schlechterer Gesundheitsversorgung. Insgesamt werteten die Forscher die Todesursachen von 109 Millionen Menschen aus 195 Ländern aus. Die Daten stammen aus den Jahren 1990 bis 2017. 

Durchfallerkrankungen als Auslöser

Die Zahl der Erkrankten und auch Todesfälle ist im Laufe des Beobachtungszeitrums zwar deutlich gesunken – befindet sich aber nach wie vor auf hohem Niveau. „Ich habe in einer ländlichen Region in Uganda gearbeitet, und Sepsis stand auf der Tagesordnung“, wird Kristina Rudd von der britischen „BBC“ zitiert. „Meine Kollegen, die Patienten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen behandeln, sagen seit Jahren, dass Sepsis ein großes Problem ist.“

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Rudd sei von den hohen Fallzahlen „nicht wirklich überrascht“. Doch dass die Schätzung doppelt so hoch ausfalle wie vorherige Berechnungen, habe sie so nicht erwartet. Die überwiegende Mehrheit der Fälle (85 Prozent) trete in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen auf. Besonders betroffen sind demnach westafrikanische Länder, aber auch Indien, Asien und Teile Südamerikas. Durchfallerkrankungen waren über alle Altersstufen hinweg die häufigste Ursache für eine Sepsis. 

Eine Sepsis kann grundsätzlich durch verschiedene Erreger ausgelöst werden – Bakterien zählen dazu, aber auch Viren, Pilze und andere Mikroorganismen. Die Erreger gelangen durch eine Verletzung oder eine Wunde in den Körper. Auch Entzündungen im Körper kommen als Infektionsquelle in Frage, etwa eine Lungenentzündung, eine Durchfallerkrankung, ein entzündeter Zahn oder ein Harnwegsinfekt. Die Erreger breiten sich in den Lymphbahnen und im Blut aus. Der Körper reagiert mit einer Immunantwort und setzt Entzündungssreaktionen in Gang. Die Abwehr ist eigentlich sinnvoll und soll die Erreger bekämpfen, kann wiederum aber selbst enormen Schaden anrichten und Organe schädigen. Im schlimmsten Fall kommt es zu Organversagen. In Deutschland erkranken jährlich etwa 280.000 Menschen an einer Sepsis, fast ein Viertel der Patienten stirbt.

Symptome einer Sepsis

Die Symptome einer Sepsis sind für Laien mitunter schwer zu deuten. Betroffene klagen über Fieber, oft in Verbindung mit Schüttelfrost, und einem ausgeprägten Krankheitsgefühl. Neben Fieber kann auch eine auffallend niedrige Körpertemperatur (unter 36 Grad Celsius) Symptom einer Sepsis sein. Betroffene berichten über Atemnot. Puls und Atmung sind beschleunigt. Die Haut ist erhitzt, einige Erkrankte entwickeln einen Hautausschlag oder wirken orientierungslos und verwirrt. Bei Verdacht auf Sepsis sollte umgehend ein Arzt gerufen werden. Je früher eine Sepsis erkannt und behandelt wird, desto besser. Mitunter kommt es auf Stunden an.

Es sei „alarmierend“, dass die Zahl der Todesfälle durch Sepsis sehr viel höher sei als bislang angenommen, erklärte Mohsen Naghavi von der University of Washington. „Zumal die Krankheit sowohl vermeidbar als auch behandelbar ist.“ Antibiotika und eine gute Wundversorgung zählen zu den wirksamsten Mitteln im Kampf gegen die Krankheit. Impfungen und die Versorgung mit sauberem Trinkwasser gelten ebenfalls als wirksame Vorbeugemaßnahmen gegen Sepsis.

Quellen: The Lancet / Universitätsklinikum Jena / BBC 

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