Rx-Versandverbot: Geheimtipp Bundesrat

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat den Apothekern auf dem diesjährigen Deutschen Apothekertag (DAT) erneut deutlich erklärt, was er vom Rx-Versandverbot hält: nichts. Dass sein Lösungsvorschlag, ein Rx-Boni-Verbot im SGB V, mindestens genauso wackelig ist, ließ er in seiner Rede allerdings unerwähnt. Etwas patzig wies er die Pharmazeuten auf die Möglichkeit einer Gesetzesinitiative im Bundesrat hin. Die Apotheker sollten sich diesen Weg als Plan B offenhalten, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer.

Spahn zufolge ist das Rx-Versandverbot schlichtweg nicht machbar. Während er noch vor einigen Monaten zugab, dass er es auch politisch nicht wolle, zitierte er nun das SPD-geführte Justizministerium, um klarzustellen, dass innerhalb der Bundesregierung zu große rechtliche Bedenken dagegen bestehen. Seine Lösung, Rx-Boni im Sozialrecht für GKV-Versicherte zu verbieten, bezeichnete er hingegen als eine „europa- und verfassungsrechtlich ausgewogene Lösung“.

Ob das auch so ist, muss sich allerdings noch zeigen. Denn dass der Spahn-Plan mindestens ebenso unsicher ist wie das Versandverbot, ließ der Minister so gut wie unerwähnt. Gleich mehrere Rechtsexperten, der Koalitionspartner, die Opposition, die Krankenkassen sowie die Ministerien für Wirtschaft und Justiz halten nichts davon und meinen, dass man DocMorris und Co. nach dem EuGH-Urteil überhaupt keine Preisgrenzen mehr setzen kann. Außerdem wartet die Bundesregierung derzeit noch auf eine Stellungnahme der EU-Kommission zum Boni-Verbot, bis dahin liegt das Apotheken-Stärkungsgesetz auf Eis. Lehnt Brüssel das Boni-Verbot ab, ist der Spahn-Plan beschädigter als das Rx-Versandverbot jemals war. Kurzum: Spahn setzt alles auf eine Karte, hat aber nur ein mittelmäßiges Blatt in der Hand.

Mehr zum Thema

Spahn auf dem DAT

Spahn: „Nicht ich habe die Gleichpreisigkeit gekippt!“

Apotheken-Stärkungsgesetz

Union und SPD verschieben Apothekenreform

Initiativrecht Bundesrat: Charmante Idee

Durch den Bundesratsbeschluss erlebte das Rx-Versandverbot als Alternative dazu in den vergangenen Tagen einen zweiten Frühling. Dass die Apotheker damit nun neue Hoffnungen verbinden, findet Spahn nur mittelmäßig gut. Fast etwas eingeschnappt erklärte er dazu auf dem DAT: „Die Länder haben über den Bundesrat selbst ein Gesetzesinitiativrecht. Sie könnten also selbst einen Entwurf für ein Rx-Versandverbot vorlegen. Wenn Sie meinen, die Länder können das besser, stelle ich die Dinge in Berlin gerne ein, bis der Bundesrat seinen Gesetzentwurf vorlegt“. Das meine er „sehr ernst“.

Die Apotheker können das nun als eine neue Drohung verstehen und klein beigeben. Sie könnten diese „Empfehlung“ des Ministers aber auch als Chance sehen. Denn eine entsprechende Gesetzesinitiative im Bundesrat ist eigentlich eine ganz charmante Idee. Laut Grundgesetz haben die Länder ein Initiativrecht: Sie können eine Gesetzesvorlage beschließen. Dann läuft das Spiel genau anders herum. Der Beschluss wird der Bundesregierung zugeleitet, diese muss dem nicht zustimmen, kann aber eine Stellungnahme abgeben. Dann wandert der Vorschlag in den Bundestag, gibt es dort eine Mehrheit, kann das Gesetz in Kraft treten. Der Vorteil hier: Ein SPD-geführtes Justiz- und ein Wirtschaftsministerium, das den Apothekern grundsätzlich kritisch gegenüber steht, hätten dann nur noch begrenzte Widerspruchsmöglichkeiten.

„Nein, das geht nicht. Wenn wir das machen, hasst uns der Minister und lässt das ansonsten gute Apotheken-Stärkungsgesetz sofort fallen“, so oder so ähnlich werden wohl viele Apotheker-Funktionäre reflexartig auf diese Idee reagieren. Eine falsche Reaktion. Denn die Apotheker sollten trotzdem mutig sein und sich an die Länder wenden. Schließlich brauchen sie mit Blick auf den wackligen Spahn-Plan dringend einen Plan B. Und zweitens braucht auch der Minister einen Plan B. Denn dass sein Ruf als pragmatischer, zielorientierter Problemlöser im Gesundheitswesen wegen eines möglicherweise ungelösten Versandhandelskonfliktes kaputt geht, wird Jens Spahn sich nur ungerne anhören.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen