Einfluss auf die innere Uhr: Intensives Licht macht schläfrig

Mit zunehmender Intensität des Sonnenlichts wächst das Schlafpensum

Bei vielen Menschen führt das mangelnde Licht in den Wintermonaten dazu, dass sie müde und antriebslos werden. Bestimmte Insekten jedoch werden schläfrig, wenn das Sonnenlicht besonders intensiv ausfällt. Das haben Forscher nun herausgefunden.

Auswirkungen unterschiedlicher Lichtintensitäten auf den Tag-Nacht-Rhythmus

Gesundheitsexperten raten meist dazu, auf ausreichendes Licht zu achten, da einen sonst schnell die Müdigkeit einholt. Bei bestimmten Insekten hingegen wächst mit zunehmender Intensität des Sonnenlichts das Schlafpensum, die Mittagspause verlängert sich und die Wiederaufnahme der Aktivität verschiebt sich in den Abend hinein. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher aus Deutschland und den USA, die untersucht hatten, welche Auswirkungen unterschiedliche Lichtintensitäten auf den Tag-Nacht-Rhythmus der Taufliege Drosophila haben.

Innere Uhr wird synchronisiert

„Wir konnten zeigen, dass Licht geringer, mittlerer und hoher Intensität auf unterschiedlichen, spezifischen Wegen die innere Uhr im Gehirn der Fliege auf den 24-Stunden-Tag synchronisiert“, erklärte Prof. Dr. Charlotte Helfrich-Förster von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) in einer Mitteilung.

Gemeinsam mit ihrem ehemaligen Doktoranden Dr. Matthias Schlichting, der jetzt im Labor des Nobelpreisträgers für Physiologie 2017, Michael Rosbash, an der Brandeis University in Waltham, Massachusetts (USA) forscht, hat sie die Studie geleitet.

Die Ergebnisse des Teams wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „The Journal of Neuroscience“ veröffentlicht.

Verzögerter Start in die üblichen Abendaktivitäten

Die Experimente zeigen, dass Licht hoher Intensität das Verhaltensmuster von Taufliegen deutlich beeinflusst. Auffällig war dabei vor allem eine deutlich verlängerte „Siesta“ der Taufliege um durchschnittlich etwa eine Stunde, mindestens jedoch um 30 Minuten.

Damit einher ging ein verzögerter Start in die üblichen Abendaktivitäten, die von den Fliegen in der Regel mit einer Verspätung von ein bis zwei Stunden aufgenommen wurden.

Auch den für diese Verhaltensänderungen auf molekularer Ebene Verantwortlichen konnten die Forscher identifizieren: spezielle Fotorezeptoren außerhalb der Netzhaut, die unter dem Namen Hofbauer-Buchner-Äuglein oder HB eyelets bekannt sind.

Diese mikroskopisch kleinen „Zusatzaugen“ – jedes von ihnen besteht aus gerade einmal vier Sinneszellen – sind erst seit 30 Jahren bekannt. Entdeckt wurden sie 1989 von den Würzburger Biologen Alois Hofbauer und Erich Buchner.

Durch hohe Lichtintensitäten wird die Siesta der Fliegen verstärkt

„Wir konnten erstmals zeigen, dass die Hofbauer-Buchner-Äuglein auf hohe Lichtintensitäten reagieren und die Siesta der Fliegen verstärken“, sagte Helfrich-Förster.

Der Signalweg, den sie dabei einschlagen, ist mehrstufig: Über spezifische Acetylcholinrezeptoren wirken die HB eyelets auf eine Untergruppe der Uhr-Neuronen ein, was deren Calcium-Spiegel erhöht.

Als Konsequenz schütten die Neuronen im rückwärtig gelegenen Teil des Fliegengehirns ein spezielles Neuropeptid aus – den „Pigment-Dispersing Factor“ (PDF).

Dort beeinflusst PDF die Aktivität weiterer Uhr-Neuronen, die die Ausprägung der Siesta regulieren und den Beginn der Abendaktivität steuern.

Nach Ansicht der Wissenschaftler ist diese Reaktion auf starken Lichteinfall bei der Taufliege sinnvoll.

„Dies ist ein wesentlicher Mechanismus um starkes, eventuell schädliches Licht während der Mittagszeit zu vermeiden“, erklärte die Neurobiologin.

Schließlich gehen hohe Lichtintensitäten häufig mit heißen Sommertagen einher, die insbesondere für Insekten gefährlich sein können – zum einen, weil sie rasch austrocknen könnten, zum anderen weil sie im hellen Tageslicht leichter von ihren Fressfeinden entdeckt werden.

Vergleichbare Strukturen beim Menschen

Um die Möglichkeit auszuschließen, dass nicht die intensive Lichteinstrahlung, sondern möglicherweise die damit verbundene Wärmeentwicklung Auslöser des verlängerten Mittagsschlafs ist, haben die Forscher zur Kontrolle ihre Experimente auch an speziellen, gentechnisch veränderten Fliegen durchgeführt.

Deren innere Uhr reagiert nicht mehr auf Temperaturveränderungen, aber trotzdem zeigen die Fliegen noch das veränderte Verhalten. Dies spricht dafür, dass der Lichteintrag verantwortlich für den verlängerten Mittagsschlaf und die späte Abendaktivität ist.

Laut den Autoren zeigen die Ergebnisse ihrer Studie „überraschende Parallelen zu Säugetiermechanismen“.

Auch Säugetiere – und übrigens auch Menschen – besitzen spezialisierte Fotorezeptoren, die starkes Licht wahrnehmen, und ihre Signale direkt zur inneren Uhr in einen speziellen Bereich des Zwischenhirns (Hypothalamus) leiten.

Ob deren Aktivierung allerdings auch beim Menschen zu einer Verlängerung der Siesta führt, sei nicht bekannt. Die Wissenschaftler halten es aber für durchaus möglich. (ad)

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